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Der besondere Vertreter nach § 30 BGB

Zur Vertretung im Rahmen des zugewiesenen Geschäftskreises berechtigt

Nach § 26 BGB wird der Verein gerichtlich und außergerichtlich durch den Vorstand (im Sinne des § 26 BGB) vertreten. Dieser Vorstand ist der gesetzliche Vertreter des Vereins und damit originär berechtigt, den Verein zu vertreten.  

Daneben besteht aber auch die Möglichkeit, für bestimmte Geschäftskreise besondere Vertreter zu bestellen (vgl. § 30 BGB). Zweck dieser Möglichkeit ist es insbesondere, neben dem Vorstand ein weiteres Vertretungsorgan vorzusehen, um den Vorstand zu entlasten und die Vereinsführung effektiver auszugestalten.  

Beispiele für besondere Vertreter

Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleiter in einem Mehrspartenverein, Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer als Leiterinnen und Leiter von hauptamtlich besetzten Geschäftsstellen. 

Besondere Vertreter sind zur Vertretung des Vereins berechtigt. Der Umfang der Vertretungsmacht ergibt sich aus dem in der Satzung beschriebenen Geschäftskreis. Nach überwiegender Ansicht muss sich das Organ „besonderer Vertreter“ aus der Satzung ergeben (vgl. Wickert, Satzungsfibel – Vereins- und Verbandsrecht, 1. Aufl. 2015, Rn. 1011; Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, 15. Aufl., Kapitel 4 Rn. 1789).  

Die Satzung kann auch Beschränkungen der Vertretungsmacht vorsehen, zum Beispiel dahingehend, dass der besondere Vertreter nur mit einem anderen Vorstandsmitglied im Sinne des § 26 BGB den Verein vertreten kann. Möglich ist es auch, weitere Beschränkungen, die nur im Innenverhältnis gelten sollen, zu regeln.  

Sowohl der besondere Vertreter an sich als auch der Umfang seiner Vertretungsmacht sind in das Vereinsregister einzutragen.  

Die Frage, ob das Vertretungsrecht auf bestimmte Bereiche zu beschränken ist oder ein besonderer Vertreter auch umfassendes Vertretungsrecht erhalten kann, ist umstritten. Nach verbreiteter Ansicht soll sich eine Beschränkung des Vertretungsrechts aus der gesetzlichen Formulierung „für gewisse Geschäfte“ ergeben (vgl. Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein, 21. Aufl. Rn. 313; Reichert, Vereins- und Verbandsrecht, Kapitel 4 Rn. 1806).  

Von der organschaftlichen Stellung des besonderen Vertreters ist die schuldrechtliche Behandlung zu unterscheiden. Denkbar ist, dass ein besonderer Vertreter lediglich Aufwendungsersatz im Sinne des § 670 BGB oder pauschale Aufwandsentschädigungen zum Beispiel im Sinne des Ehrenamtsfreibetrages (§ 3 Nr. 26a EStG) erhält. Dies dürfte bei typischen Ehrenämtern wie Abteilungsleitungen in Sportvereinen üblich sein. Handelt es sich bei dem besonderen Vertreter um einen Geschäftsführer oder eine Geschäftsführerin im Rahmen eines Hauptamtes, dann liegt der Beauftragung in der Regel ein Dienstvertrag im Sinne der §§ 675, 611 BGB zugrunde. Ein Arbeitsverhältnis dürfte aufgrund der Organstellung ausscheiden. Insbesondere in den Fällen der Hauptamtlichkeit auf Basis eines Dienstvertrages ist ein Gleichlauf von Organstellung einerseits und Anstellungsvertrag andererseits sicherzustellen. Nach dem im Gesellschaftsrecht geltenden Trennungsprinzip bewirkt die Beendigung des einen nicht automatisch auch die Beendigung des anderen.