Mythen im Spendenrecht
Aufgepasst beim Nehmen
Mythen im Vereinsmanagement – wer ist ihnen nicht schon aufgesessen? Vermeintliche Gewissheiten („das haben wir immer so gemacht“) entpuppen sich bei näherem Hinsehen als Mythen, also Aussagen, die sich zwar hartnäckig halten, die aber schlicht falsch sind. Mit vorausschauendem Blick auf das traditionell spendenfreundliche Jahresende nimmt die Wir im Sport Mythen rund ums Spenden unter die Lupe.
Viele Vereine in Deutschland freuen sich über eine Unterstützung ihrer Arbeit durch Geld- oder Sachspenden. Für Spenden dürfen Vereine eine Spendenbescheinigung ausstellen – der korrekte Begriff lautet übrigens „Zuwendungsbestätigung“. Mit der Spendenbescheinigung kann die spendende Person oder Organisation die Zuwendung von den Einkünften absetzen. Damit alles korrekt läuft, gibt es im Steuer- und Gemeinnützigkeitsrecht klare Regeln, die Vereine beachten müssen.
Mythos 1: Für geschenkte Trikots kann der Verein eine Spendenbescheinigung ausstellen.
Nein, meistens nicht. Wenn die Trikots keinen Werbeaufdruck des Schenkenden tragen, dann sind sie eine Spende – andernfalls handelt es sich in der Regel um Sponsoring. „Eine Spende ist eine freiwillige Gabe ohne Gegenleistung“, betont Vereinsberater Dietmar Fischer. Ein Geschenk. Der Verein nimmt Geld oder eine Sachleistung entgegen, ohne dass er dafür etwas zurückgeben muss. Sobald der Verein eine für den Geber nennenswerte Gegenleistung erbringt, handelt es sich in der Regel nicht mehr um eine Spende, sondern um Sponsoring.
Sponsoring liegt zum Beispiel dann vor, wenn ein Unternehmen neue Trikots für eine Mannschaft bezahlt und im Gegenzug sein Firmenlogo auf die Brust drucken lässt. Auch wenn der Verein in Werbeanzeigen oder auf seiner Website mit Verlinkung für den Geber wirbt, ist das Sponsoring. Das ist nicht verboten. im Gegenteil: Sponsoring ist eine wichtige Finanzquelle für viele Vereine. Aber es darf nicht wie eine Spende behandelt werden, der Verein darf dafür keine Spendenbescheinigung ausstellen. Stattdessen muss er eine Rechnung schreiben und die Einnahme im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb verbuchen.
Viele Unternehmen würden aus Unkenntnis nach Spendenbescheinigungen fragen, auch wenn es sich bei ihren Gaben um Sponsoring handelt und sie kein uneigennütziges Geschenk machen, berichtet Dietmar Fischer: „Besser ist es, in Grenzfällen eine Rechnung über eine erbrachte Werbeleistung auszustellen.“ Allerdings darf der Verein durchaus darauf hinweisen, von wem eine Spende stammt, jedoch ohne besondere Hervorhebung oder Verlinkung auf die Internetseite des Spenders.
Mythos 2: Für Getränke- oder Speisenspenden darf der Verein eine Spendenbescheinigung ausstellen.
Es kommt darauf an. Geselligkeit gehört zum Vereinsleben – Sachspenden in Form von Speisen und Getränken sind bei Festen Usus. Wenn die Vereinsmitglieder und Gäste diese Dinge ausnahmsweise mal kostenlos bekommen, darf der Verein für die Sachspenden Spendenbescheinigungen ausstellen. Anders sieht es aus, wenn für Essen oder Getränke ein Preis oder ein Pauschalbetrag verlangt wird, zum Beispiel 30 Euro für „All you can eat“. In diesem Fall wird das Fest steuerlich als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb gewertet. Das bedeutet: Der Verein darf keine Spendenbescheinigungen für die gespendeten Lebensmittel ausstellen. Sobald Einnahmen erzielt werden, gelten strengere steuerliche Regeln.
Mythos 3: Spendenbescheinigungen werden über den Ladenverkaufspreis ausgestellt.
Nein. Für Sachspenden wie Sportgeräte, Getränke, Lebensmittel oder Arbeitsmaterialien darf der Verein eine Spendenbescheinigung ausstellen, allerdings nicht in beliebiger Höhe. Maßgeblich ist bei Spenden von Firmen der sogenannte Entnahmewert. Das ist der Betrag, den die Sache den Spender tatsächlich gekostet hat, nicht der Preis im Laden.
Ein Beispiel: Wenn ein Bäcker dem Verein 500 Brötchen schenkt, die er im Laden normalerweise für 50 Cent pro Stück verkauft, darf er keine Spendenbescheinigung über 250 Euro erwarten. Stattdessen muss er den niedrigeren Entnahmewert angeben, also die Summe, die ihn Mehl, Hefe und Energie tatsächlich gekostet haben. Nur dieser Betrag darf bescheinigt werden. So soll verhindert werden, dass Spenden künstlich überhöht angesetzt werden und die Spender mehr Steuern sparen, als ihnen eigentlich zusteht.
Mythos 4: Spendenbescheinigungen können für eine ehrenamtliche Tätigkeit ausgestellt werden
Es kommt darauf an. Ganz klar: Übungsleitungen sollten für ihre Tätigkeit eine angemessene Aufwandsentschädigung erhalten. Nun kann es sein, dass jemand für den Verein arbeitet, der oder die einen Anspruch auf Bezahlung hat, aber zum vereinbarten Auszahlungszeitpunkt schriftlich erklärt, auf dieses Geld zu verzichten. Der Verein darf in diesem Fall eine Spendenbescheinigung über den Betrag ausstellen, auf den verzichtet wurde.
Auf der anderen Seite kann es jedoch vorkommen, dass ein Verein finanziell nicht in der Lage ist, seine Übungsleitungen zu bezahlen. Eine Übungsleitung eines solchen Vereins, die ihre Tätigkeit dementsprechend unentgeltlich erbringt, möchte dafür eine Spendenbescheinigung haben. Denn die Tätigkeit sei schließlich eine „immaterielle Spende“ für den Verein. Nein, das geht nicht: Die Übungsleitung kann nur dann eine Spendenbescheinigung erhalten, wenn vor Beginn der Tätigkeit ein Zahlungsanspruch rechtswirksam eingeräumt wurde und der Verein auch wirtschaftlich in der Lage wäre, den Anspruch zu erfüllen (sogenannte „Aufwandsspende“).
Fehlt einer dieser Punkte, darf keine Spendenbescheinigung ausgestellt werden. Eine Übungsleitung, die von Anfang an ohne Vergütung arbeitet, kann ihre Zeit nicht als Spende bescheinigen lassen, denn es hat nie einen Zahlungsanspruch gegeben. Aufwandsspenden müssen also gut vorbereitet und dokumentiert sein.
Vorsicht Spendenhaftung!
Freuen Sie sich über jede Spende, die Sie erhalten, und genießen Sie das Vertrauen, das der Spender in Sie und Ihre Vereinsarbeit setzt. Doch schauen Sie zweimal hin, ehe Sie möglicherweise etwas falsch bescheinigen. Denn werden Zuwendungsbestätigungen falsch ausgestellt oder Spendenmittel unzulässig verwendet, haftet der Verein dafür pauschal mit 30 bis 45 Prozent des Zuwendungsbetrages (der Spender genießt Vertrauensschutz). Bei Spendenmissbrauch können Vorstandsmitglieder sogar persönlich in Haftung genommen werden. Zudem droht der Entzug der Gemeinnützigkeit.
Dieser Beitrag erschient erstmalig in der "Wir im Sport" Ausgabe 05.
