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Checklisten virtuelle bzw. hybride Mitgliederversammlung, vorherige Stimmabgabe und Umlaufverfahren

Nach § 32 Absatz 1 Satz 1 BGB werden die Angelegenheiten eines Vereins grundsätzlich in einer Versammlung der Mitglieder geordnet. Gemeint ist hier die Versammlung in Präsenzform. Daneben sieht das Gesetz noch die Möglichkeit vor, Beschlüsse außerhalb von Versammlungen zu fassen, wenn alle Mitglieder dem Beschluss schriftlich zugestimmt haben, das sogenannte Umlaufverfahren (§ 32 Absatz 2 BGB). Beschlussfassungen in anderweitiger, zum Beispiel in virtueller Form bedürfen einer ausdrücklichen Satzungsgrundlage. Erfahrungsgemäß sehen die Satzungen nur ausnahmsweise abweichende Regelungen vor.

Der Gesetzgeber hat für die Zeit der Pandemie darauf reagiert und Vereinen und Vorständen die Möglichkeit eingeräumt, auch ohne Satzungsregelungen Entscheidungen herbeizuführen, ohne eine reine Präsenzversammlung durchzuführen oder auf Zustimmung aller Mitglieder im schriftlichen Umlaufverfahren angewiesen zu sein. Die Vorschriften finden sich im Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht. Hier heißt es in Art. 2 § 5 Abs. 2 Ziff. 1 COVInsAG:

Abweichend von § 32 Absatz 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches kann der Vorstand auch ohne Ermächtigung in der Satzung Vereinsmitgliedern ermöglichen

  1. An der Mitgliederversammlung ohne Anwesenheit am Versammlungsort teilzunehmen und Mitgliederrechte im Wege der elektronischen Kommunikation auszuüben oder müssen
  2. Ohne Teilnahme an der Mitgliederversammlung ihre Stimme vor der Durchführung der Mitgliederversammlung schriftlich abzugeben

Was haben die Vorstände bei der Durchführung von Versammlungen bzw. der Herbeiführung von Beschlüssen zu beachten?

  1. Mit Inkrafttreten der Änderung im COVID19 Abmilderungsgesetz am 28.02.2021 besteht für den Vorstand die Möglichkeit, eine rein virtuelle Mitgliederversammlung einzuberufen. Das bedeutet, dass die Mitglieder verpflichtet sind, auf elektronischem Wege teilzunehmen. Eine Teilnahme durch Anwesenheit am Versammlungsort ist ausgeschlossen.

    Neben der virtuellen Versammlung kann der Vorstand eine hybride Versammlung – eine Kombination aus Präsenz- und virtueller Versammlung – einberufen. Unabhängig von der Durchführung einer Mitgliederversammlung in hybrider oder virtueller Form, sind die Satzungsregelungen und ggf. ergänzend die vereinsrechtlichen Regelungen im BGB zu beachten, insbesondere die Form der Einberufung, die gemäß Satzungsgrundlage zu erfolgen hat. Zudem muss angegeben werden, ob es sich um eine virtuelle oder eine hybride Versammlung handelt und welches Konferenztool bzw. Abstimmungstool eingesetzt wird.
  2. Für die virtuelle Teilnahme und Ausübung der Mitgliedsrechte, insbesondere des Stimmrechts, sind geeignete Softwareprodukte auszuwählen. Zusätzlich zum Videokonferenztool muss ggf. ergänzend ein separates Abstimmungstool eingesetzt werden.
  3. Der Ablauf einer virtuellen oder hybriden Mitgliederversammlung entspricht grundsätzlich dem einer traditionellen Versammlung in Präsenzform mit der Ausnahme, dass bei einer hybriden Mitgliederversammlung die Einbindung der auf elektronischem Weg teilnehmenden Mitglieder sicherzustellen ist (z.B. durch Übertragung mittels eines Videokonferenzsystem auf Großbildschirm bzw. Leinwand bei gleichzeitiger Einbindung des Versammlungsraums).
  4. Die Versammlungsleitung arbeitet die Tagesordnungspunkte in der Reihenfolge ab und es werden ggf. vorgesehene Abstimmungen und Wahlen durchgeführt.
  5. Der Ablauf der Mitgliederversammlung und die Beschlussfassungen sind wie gewohnt in geeigneter Form zu protokollieren und zu veröffentlichen.

1. virtuelle Mitgliederversammlung

Virtuelle Mitgliederversammlung

Bei der virtuellen Mitgliederversammlung treffen sich die Mitglieder nicht in einem Versammlungsraum vor Ort, sondern kommen in einer Videokonferenz zusammen. Die technischen Voraussetzungen wie PC, stabile Internetleitung und Mikrofon müssen für jedes Mitglied gegeben sein.

Vor der Versammlung

Die Einladungen müssen form- und fristgerecht nach Satzungsgrundlage versandt werden und folgendes beinhalten:

  • Versammlungstag
  • Versammlungsort
  • Benennung eines Videokonferenztools
  • Benennung eines evtl. zusätzlichen Abstimmungstools
  • Tagesordnungspunkte


Vor dem Versenden der Einladungen sollten die Mitgliederkontakte kontrolliert werden. Zum Zeitpunkt des Versendens der Einladungen sind die vorliegenden Mitgliederkontakte maßgebend, unabhängig davon, ob diese sich geändert haben. Ist in der Satzung geregelt, dass die Einladung auch per E-Mail versandt werden dürfen, müssen Mitglieder, die keine E-Mailadresse angegeben haben, per Brief eingeladen werden.

Die Zugangsdaten für das Videokonferenz- bzw. Abstimmungstool müssen den Mitgliedern personalisiert zugesandt werden. Zur Unterstützung der Mitglieder sollte eine Einweisung in das Videokonferenz- bzw. Abstimmungstool erfolgen, in Form von:

  • Webinaren
  • YouTube-Videos
  • Tutorials
  • Anleitungstexte


Empfehlenswert ist auch ein Probelauf am Tag vor der Mitgliederversammlung. So wird sichergestellt, dass alle Mitglieder die nötigen Voraussetzungen zur Teilnahme haben. Außerdem können evtl. Fehler noch korrigiert werden.

Es muss sichergestellt sein, dass nur stimmberechtigte Mitglieder an den Abstimmungen teilnehmen.

Während der Versammlung

Nachdem alle Teilnehmenden der Versammlung beigetreten sind, erläutert der Versammlungsleitende die Regeln zur Durchführung der Mitgliederversammlung. Diese sind z.B.

  • Kamera an
  • Ton aus, es sei denn, es gibt Wortmeldungen bzw. Redebeiträge
  • Fragen per Handzeichen oder schriftlich im Chat
  • Keine Screenshots der Teilnehmenden der Teilnehmenden


Zur besseren Protokollierung bieten die Videokonferenztools die Möglichkeit der Aufzeichnung. Hierzu bedarf es der Zustimmung aller Teilnehmenden.

Nach der Versammlung

Der Ablauf der Mitgliederversammlung und die Beschlussfassungen sind wie gewohnt in geeigneter Form zu protokollieren.

2. Hybride Mitgliederversammlung

Hybride Mitgliederversammlung

Die hybride Mitgliederversammlung ist eine Kombination aus virtueller Mitgliederversammlung und Präsenzveranstaltung. Die Mitglieder, die z.B. nicht über die technischen Voraussetzungen verfügen, um von zuhause an der Versammlung teilnehmen, haben die Möglichkeit der Teilnahme vor Ort.

Die Durchführung einer hybriden Mitgliederversammlung bringt einige Besonderheiten mit sich:

  • Alle teilnehmenden Mitglieder müssen in die Versammlung eingebunden sein, z.B. mittels Videokonferenzsystem auf Großbildschirmen bei gleichzeitiger Einbindung des Versammlungsraums.
  • Die Teilnehmenden vor den PC´s müssen jederzeit im Versammlungsraum zu hören sein, gleichzeitig müssen die Mitglieder, die sich im Versammlungsraum befinden, über ihre Mikrofone zu hören sein.
  • Beide Tonspuren müssen gekoppelt sein, so dass keine Störungen in beide Richtungen auftreten.
  • Es empfiehlt sich, ausschließlich Online abzustimmen. So hat man ein einheitlich dokumentiertes Abstimmungsbild.
  • Sollten Teilnehmende den Versammlungsort oder die Videokonferenz verlassen, muss dieses angekündigt werden.
  • Empfehlenswert ist es, ein Organisationsteam für die Administration und der Beobachtung der Räume einzusetzen.


Vor der Versammlung

Zusätzlich zur Vorbereitung aus der virtuellen Mitgliederversammlung sollte das Videokonferenzsystem, die Tonspuren und die Abstimmungsgeräte im Versammlungsraum auf Funktionalität geprüft werden.

Während der Versammlung

Das eigens für die Administration eingesetzte Organisationsteam muss permanent die Räume beobachten sowie die Redebeiträge und die Abstimmungen koordinieren.

Nach der Versammlung

Der Ablauf der Mitgliederversammlung und die Beschlussfassungen sind wie gewohnt in geeigneter Form zu protokollieren.

3. Briefwahlverfahren

Abstimmungsverfahren

Briefwahlverfahren

  1. Beim Briefwahlverfahren haben Mitglieder die Möglichkeit, ihre Stimme vorab abzugeben.
  2. Es ist eine Tagesordnung einzuberufen. Dabei sind die Beschlussanträge auszuformulieren und Stimmzettel den Mitgliedern zur Verfügung zu stellen.
  3. Es ist eine Frist für den Eingang der Stimmzettel und eine Anschrift, an die die Stimmzettel geschickt werden, anzugeben.
  4. Es sind für die Rücksendung der Stimmzettel und der Angaben zur Person zwei Umschläge vorzusehen (Umschlag in Umschlag)
  5. In der Versammlung ist der entsprechende Tagesordnungspunkt aufzunehmen und die in Präsenzform teilnehmenden Mitglieder haben die Möglichkeit, satzungsgemäß per Handzeichen oder geheim abzustimmen (bei hybriden Veranstaltungen alle über das Abstimmungstool). Die Briefwahlstimmen und die in der Versammlung abgegebenen Stimmen werden zusammengeführt und das Ergebnis verkündet.
  6. Sind Wahlen vorgesehen, sollten die Mitglieder vor der Einberufung der Mitgliederversammlung angeschrieben werden, Wahlvorschläge zu unterbreiten, die dann im Rahmen des Briefwahlverfahrens berücksichtigt werden können.

Vorteile des Briefwahlverfahrens

  • Eindeutige und authentifizierbare Stimmabgabe
  • Im Gegensatz zum Umlaufverfahren ist die Einhaltung eines Quorums (Mindeststimmabgabe) nicht erforderlich, soweit die Satzung ein solches nicht vorsieht


Nachteile des Briefwahlverfahrens

  • Je nach Mitgliedergröße des Vereins ggf. sehr aufwendig
  • Eine nachträgliche Änderung des Beschlussantrages in der Mitgliederversammlung ist nicht mehr möglich
  • Beschließt die Mitgliederversammlung zu einem Beschlussantrag eine geheime Abstimmung und wurde im Vorfeld bei der Briefwahl nicht geheim abgestimmt, muss dieser Tagesordnungspunkt abgebrochen und das Verfahren erneut durchgeführt werden.
  • Sieht die Satzung vor, dass in der Mitgliederversammlung Wahlvorschläge gemacht werden können und wird davon Gebrauch gemacht, dann sind die Briefwahlstimmen hinfällig und das Verfahren muss erneut aufgerollt werden.
  • Sieht die Satzung vor, dass nach Versand der Einberufung die Mitglieder Anträge zur Mitgliederversammlung stellen können, können diese Anträge im Rahmen des Briefwahlverfahrens nicht mehr berücksichtigt werden.

4. Umlaufverfahren mit qualifizierter Mehrheitsentscheidung

Umlaufverfahren mit qualifizierter Mehrheitsentscheidung

Eine Abstimmung in Textform ist nach § 126 BGB eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden. Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Medium, das es dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich ist, und geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben.

  1. Der Vorstand schreibt alle Mitglieder an. Es wird ein Antrag formuliert, über den mit „Ja“, „Nein“ oder „Enthaltung“ gestimmt werden kann und als Wahlschein den Mitgliedern übersandt wird.
  2. Es wird den Mitgliedern eine Frist zur Rückmeldung (Eingang beim Vorstand) gesetzt.
  3. Die Rücksendung ist in Textform (Brief, E-Mail, Fax etc.) möglich.
  4. Der Zeitpunkt des Eingangs der Rückmeldungen muss dokumentiert werden und die Authentizität der Stimmabgabe ist sicherzustellen.

Bei der Auswertung der abgegebenen Stimmen muss folgendes beachtet werden:

  1. Es müssen mindestens die Hälfte der stimmberechtigten Mitglieder eine Stimme innerhalb der gesetzten Frist abgegeben haben, es sei denn, die Satzung regelt es anders.
  2. Es muss die nach Satzung oder Gesetz erforderliche Mehrheit erreicht sein.
  3. Die Mitglieder sind in geeigneter Form über das Ergebnis der Abstimmung zu informieren.
  4. Das Ergebnis ist zur Eintragung im Vereinsregister anzumelden bei
    • Änderungen im Vorstand nach § 26 BGB
    • Satzungsänderungen (Änderungen werden erst mit Eintragung in das Vereinsregister wirksam)
    • Ordnungsänderungen, soweit die Ordnungen Bestandteil der Satzung ist (Änderungen werden erst mit Eintragung in das Vereinsregister wirksam)